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Eine Krise ist meist langfristig und nicht so schnell zu beheben. Man spricht jedoch nicht erst von einer Krise, wenn z.B. ein Unternehmen zahlungsunfähig geworden ist, sondern auch schon früher, wenn gewisse Symptome auftreten. Und obwohl es eindeutige Anzeichen gibt, die zur Entstehung einer Krise beitragen, wird sie meist überraschend wahrgenommen. Dabei lassen sich die Symptome bereits in bestimmten Phasen des Krisenverlaufs identifizieren. Im zweiten Teil unserer 8-teiligen Blogserie beschäftigen wir uns daher mit dem eigentlichen Prozess des Krisenmanagements und seinen charakteristischen Phasen, die er durchläuft.
Welche das sind, klären wir jetzt.
Der Krisenmanagement-Prozess
In seiner einfachsten Version besteht der Krisenmanagement-Prozess aus mindestens drei Phasen vor, während und nach der Krise. Da sich diese Phasen in der Praxis nicht in strenge Krisenmanagement-Aktivitäten einteilen lassen, sondern vielmehr eine Überschneidung verschiedener Phasen darstellen, handelt es sich beim Krisenmanagement-Prozess um einen kontinuierlichen Zyklus. (Vergl. Pursiainen, Christer. The Crisis Management Cycle. Taylor & Francis, 2017. [VitalSource Bookshelf]). So sieht auch das Bundesministerium des Innern Krisenmanagement als einen Kreislauf von Vorsorge, Vorbereitung, Bewältigung und Nachbereitung, das sich in der Praxis bewährt hat und ausdrücklich empfohlen wird.
Kommen wir nun zu zwei Krisenmanagement-Modellen, die diese Stationen etwas detaillierter beleuchten, dem Vier-Phasen-Modell nach Ulrich Krystek und dem Krisenmanagement-Zyklus nach Christer Pursiainen.
Vier-Phasen-Modell nach U. Krystek
Der Krisenmanagement-Prozess nach Ulrich Krystek beschäftigt sich mit der Erscheinungsform der Phasen des Krisenprozesses und wie sie sich beeinflussen lassen. Er umfasst die vier Phasen potenzielle Unternehmenskrise, latente Unternehmenskrise, akut/beherrschbare Unternehmenskrise sowie akut/nicht beherrschbare Unternehmenskrise:
1. Potenzielle Unternehmenskrise: Die erste Phase stellt die Entstehungsphase der Krise dar. Sie ist der Quasi-Normalzustand, in dem sich Unternehmen ständig befinden, da mögliche Krisensymptome noch nicht erkennbar sind. Diese Phase bildet den Ausgangspunkt für die Krisenentwicklung und die nachfolgenden Phasen.
2. Latente Unternehmenskrise: An diesem Punkt ist die Krise zwar bereits vorhanden, liegt aber noch im Verborgenen. Die Krise breitet sich also unerkannt aus und entwickelt sich langsam. Je früher eine Krise identifiziert wird, desto besser ist dies natürlich für Organisationen und Unternehmen. In dieser Phase kann die Krise aber noch wahrgenommen werden, vorausgesetzt, man verfügt über ein gutes und sensibles Frühwarnsystem zum rechtzeitigen Erkennen von Krisen.
3. Akut/beherrschbare Unternehmenskrise: In dieser Phase ist es leichter, die Krise zu erkennen. Jetzt müssen schnelle Entscheidungen getroffen werden. Die Identifizierung der Krisenursache und Maßnahmen, um die Auswirkungen schnellstmöglich zu stoppen, sind hier maßgeblich. An diesem Punkt ist die Bewältigung einer Krise noch möglich, auch wenn immer mehr Mittel dafür gebraucht werden. Gelingt es nicht, die Unternehmenskrise zu lösen, tritt der Krisenprozess in die letzte Phase ein.
4. Akut/nicht beherrschbare Unternehmenskrise: In der letzten Phase können die Unternehmensziele nicht mehr erreicht werden und das Unternehmen ist nicht mehr überlebensfähig. Hier übersteigen die Anforderungen der Krisenbewältigung das verfügbare Potenzial an Handlungsmöglichkeiten. Wenn also die Unternehmensleitung die Krise in der vorherigen Phase nicht in den Griff bekommen hat, bleibt ihr nichts anderes, als die akute, nicht beherrschbare Unternehmenskrise und deren Folgen zu akzeptieren.
Die Abbildung visualisiert die genannten vier Phasen des Basis-Krisenprozesses und zeigt eine weitere Unterteilung in das aktive Krisenmanagement und reaktive Krisenmanagement, die wie folgt charakterisiert werden:
Aktives Krisenmanagement: Das aktive Krisenmanagement beinhaltet die Stationen Krisenfrüherkennung, Krisenvorsorge und Krisenverhütung, da hier noch keine Krise vorliegt. Demnach ist das Ziel des aktiven Krisenmanagements die Vermeidung der Krise. Dabei unterscheidet man zwei Formen des aktiven Krisenmanagements:
- Antizipatives Krisenmanagement: Hier geht es um mögliche Unternehmenskrisen, die entweder keine Auswirkung auf das Unternehmen haben oder dieses erst zukünftig betreffen. Die Aufgabe des antizipativen Krisenmanagements ist es, die Krise zum Beispiel mithilfe von Prognosen abzuwehren.
- Präventives Krisenmanagement: Hierbei handelt es sich um die Erkennung von versteckten Krisen mittels eines Frühwarnsystems.
Reaktives Krisenmanagement: Das reaktive Krisenmanagement umfasst die Bereiche Krisenlenkung, Krisenbeherrschung und Krisennachsorge. Die Krise besteht bereits und man versucht sie zu kontrollieren und zu überwinden. Ziel des reaktiven Krisenmanagements ist also die Krisenbewältigung. Auch hier unterscheidet man zwischen zwei Formen:
- Repulsives Krisenmanagement: Dabei handelt es sich um bereits eingetretene Krisen, die man aber noch mit gewissen Handlungsweisen beherrschen kann und somit wieder in den Griff zu bekommen sind. Man spricht auch von einer unternehmenserhaltenden Krisenbewältigung.
- Liquidatives Krisenmanagement: Hierbei handelt es sich um eine akute Unternehmenskrise, die sich nicht mehr beherrschen lässt. Das Unternehmen hat keine Überlebenschance mehr und ist angehalten, den geordneten Rückweg anzutreten, um sich vor größeren Verlusten zu schützen.
Kommen wir nun zu einem weiteren Modell des Krisenmanagements:
Der Krisenmanagement-Zyklus nach C. Pursiainen
In seinem Buch “The Crisis Management Cycle” (Vergl. Pursiainen, Christer. The Crisis Management Cycle. Taylor & Francis, 2017. [VitalSource Bookshelf]) identifiziert Christer Pursiainen, Professor für gesellschaftliche Sicherheit an der Universität Tromsø – Norwegens Arktische Universität, sechs Phasen des Krisenmanagements, die für jede Art der Organisation verwendet werden können. Hierbei werden die drei bereits genannten Grundphasen (vor der Krise, während der Krise und nach der Krise) in detailliertere Phasen unterteilt, und zwar in: Risikobewertung, Krisenprävention, Krisenvorsorge, Krisenbewältigung, Wiederherstellung und Lernprozess:
Die Phasen des Krisenmanagement-Prozesses im Fokus
Ein wirksames Krisenmanagement setzt die effiziente Bewältigung der einzelnen Phasen voraus. Vorteil hierfür ist, dass viele dieser Phasen von internationalen Normungsorganisationen oder anderen internationalen Gremien bereits definiert sind. Dies gilt insbesondere für die sehr praxisorientierten Bereiche Katastrophenvorsorge und Geschäftskontinuität (Business Continuity), die mit gewissen Anpassungen auf fast alle Bereiche des Krisenmanagements angewandt werden können.
Welche Schwerpunkte die einzelnen Phasen im Detail umfassen und was sie für Unternehmen und Organisationen bedeuten, können Sie im dritten Teil dieser Serie lesen.
Bleiben Sie dran, es lohnt sich!
Nutzen Sie die Zeit, sich um Ihr Krisenmanagement zu kümmern!
Bildquellen: GroupAlarm